Referenz21.08.2019

FOCUS-MONEY Heft 35/2019 Kapitalkraft europäischer Versicherungskonzerne

Europaweit verlangen Kunden von ihren Versicherern immer häufiger den Nachweis stabiler Bonität. Warum sie damit Recht haben und welche Gruppen das bieten können

Wie jedes Jahr wurden auch diesmal wieder die 15 größten Versicherungsgruppen in Europa (ohne Rückversicherungsgruppen) auf ihre nachhaltige Kapitalkraft getestet. Ziel der Untersuchung ist es, zu überprüfen, welche Anbieter nach den europäischen Aufsichtsregeln Solvency II sowie anderen Bonitätsanforderungen finanziell gut aufgestellt sind und wem Kunden daher ihr Geld ruhigen Gewissens anvertrauen dürfen. Denn nur Gesellschaften, die ihre eigenen Finanzen und Risiken gut im Griff haben, sollten auch für Kundengelder verantwortlich sein.

Dabei kommt es zunächst auf die konkrete Solvabilität an, also die Eigenmittelausstattung in puncto Risikotragfähigkeit. Dieses freie, unbelastete Vermögen dient dazu, Risiken abzudecken und Kundenansprüche zu sichern. Die Solvabilitätsquote errechnet sich aus dem Vergleich der aufsichtsrechtlichen Soll-Anforderungen mit der tatsächlichen Ist-Solvabilität. Stehen diese im Einklang, beträgt die Quote 100 Prozent, hat die Gruppe mehr Eigenmittel, ist sie entsprechend höher. Liegen die Quoten dagegen unter 100 Prozent, kann es bald schon brenzlig werden, und spätestens dann müsste die Finanzaufsicht zu massiveren Maßnahmen greifen.

Berücksichtigt wurden bei der Solvabilität die gemeldeten Solvenzquoten nach Solvency II sowie nach dem Swiss Solvency Test (SST), der für die Schweizer Versicherungsgruppen gilt. Die Methoden sind jeweils etwas unterschiedlich, aber grundsätzlich verfolgen beide das gleiche Ziel: die Versicherungskunden vor bösen Überraschungen möglichst frühzeitig und möglichst umfassend zu schützen, indem die Assekuranz laufend bezüglich ihrer finanziellen Ausstattung intensiv überwacht wird und die Aufsicht gegebenenfalls aktiv eingreift. Die je Unternehmen ermittelte Solvenzquote wird dazu in Schulnoten übersetzt.

Hinzu kommt die von der Rating-Agentur Standard & Poor’s (S&P) bewertete Kapitaladäquanz, also das konkrete Ausfallrisiko bezüglich der tatsächlichen Risikolage. Zudem wird der individuelle Verschuldungsgrad herangezogen. Die Ergebnisse der drei Bereiche werden jeweils in Schulnoten übersetzt. In die Gesamtnote fließen die Einzelnoten der Solvabilität, der Kapitaladäquanz und des Verschuldungsgrads dann je zu einem Drittel ein. Liegt diese Gesamtnote zwischen 1,00 und 1,49, dann wird der Versicherungsgruppe eine „extrem starke Kapitalkraft“ bescheinigt. Bei Noten zwischen 1,50 und 1,99 gibt es die Auszeichnung „sehr starke Kapitalkraft“, und zwischen 2,00 und 2,49 ist immerhin noch eine „starke Kapitalkraft“ vorhanden.
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