Referenz05.02.2020

FOCUS-MONEY Heft 07/2020 Der große GKV Test

Welche Kassen zeigen einen gesunden Mix aus niedrigem Beitrag, innovativen medizinischen Leistungen und gutem Service? FOCUS-MONEY hat die Befunde

Wohl keiner seiner Vorgänger war so effizient: 20 Gesetze hat er in nur 20 Monaten in die Spur gebracht. Jens Spahn ist ein Turbo-Bundesgesundheitsminister – und auf dem besten Weg, einen Reformrekord aufzustellen. Allein 2019 traten unter seiner Ägide sechs Gesetze in Kraft. Und dieses Jahr geht es munter weiter. Seit Januar greift das Digitale-Versorgung-Gesetz. Damit dürfen Ärzte zugelassene Gesundheits-Apps auf Kassenrezept verordnen und auf ihren Internet-Seiten über Videosprechstunden informieren; zudem können sich Kassen mit bis zu zwei Prozent ihrer Finanzreserven an der Entwicklung digitaler Innovationen beteiligen. Ebenfalls im Januar rechtskräftig wurden das neue bundesweite Implantat-Register und das Angehörigen-Entlastungsgesetz. Darauf soll im März das Masernschutzgesetz folgen, wonach alle Kinder ab einem Jahr vor der Aufnahme in Kitas, Schulen und anderen Gemeinschaftseinrichtungen eine Masernimpfung nachzuweisen haben. Und Eltern, die ihre betreuten Kinder partout nicht impfen lassen, mit einem Bußgeld bis zu 2500 Euro rechnen müssen. Ganz sicher: Spahns Tatendrang kommt hierzulande gut an bei den Bürgerinnen und Bürgern. Nicht ganz so glücklich hingegen ist die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) mit der Power-Politik des Ministers. Warum? Der Umbau des Gesundheitswesens verschlingt Unsummen an Geld. Zahlen des AOKBundesverbands zufolge wird die Spahn’sche Reformkaskade die GKV 2020 rund 9,8 Milliarden Euro zusätzlich kosten. Davon entfallen allein schätzungsweise jeweils 2,5 Milliarden Euro auf das Terminservicegesetz und das Digitale-Versorgung-Gesetz. Nicht zu vergessen die Pflegegesetzgebung, insoweit die GKV die Folgekosten zu schultern hat. Summa summarum sieht der AOK-Bundesverband vor diesem bedrohlichen Hintergrund bis Ende des Jahres 2022 Mehrausgaben über rund 35,5 Milliarden Euro wie eine Lawine auf die Krankenkassen zukommen. Schon jetzt ist die finanzielle Lage einiger Kassen prekär. „Das Defizit für 2019 wird über eine Milliarde Euro betragen“, prognostiziert Doris Pfeiffer, Chefin des GKVSpitzenverbands. Eine kalte Dusche, konnten die Kassen laut Bundesgesundheitsministerium 2018 noch auf einen üppigen Einnahmenüberschuss von rund zwei Milliarden Euro blicken. Auch scheint die Abwärtsspirale nicht mehr zu stoppen zu sein. Einer Prognose der Bertelsmann Stiftung zufolge steht AOK & Co. bis zum Jahr 2040 sogar ein Minus von fast 50 Milliarden Euro ins Haus.

Zwar sind die Schatullen der Kassen mit insgesamt 20,6 Milliarden Euro – dem Vierfachen der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestreserve – noch gut gefüllt. Mit diesem Polster und der von Minister Spahn auferlegten Verpflichtung, Rücklagen bis Ende 2022 auf eine Monatsausgabe zu reduzieren, kann das Gros der Kassen 2020 den Zusatzbeitrag vorerst zwar stabil halten oder muss diesen nur minimal erhöhen. Wenn jedoch erst mal alle Rücklagen aufgebraucht seien, führe „kein Weg an höheren Beiträgen vorbei“, mahnt Expertin Pfeiffer. Mit dieser Entwicklung dürfte dabei im Zuge des Sparzwangs auch bei einigen Kassen das Zusammenstreichen freiwilliger Zusatz- und Ergänzungsleistungen einhergehen. Wie unterschiedlich das Leistungsspektrum der Kassen schon heute ist, ob guter Service gelebt wird oder nur Lippenbekenntnis ist und bei welchen Kassen die Finanzen – trotz höherer Ausgaben – samt Beitrag stimmen, das zeigt die 14. Auflage des großen Krankenkassentests von FOCUS-MONEY. Über 100 gesetzliche Kassen (inklusive der nur betriebsbezogen geöffneten) buhlen in Deutschland um die Gunst der GKV-Klientel. Je nach Bundesland stehen gesetzlich Versicherten aktuell zwischen 42 und 57 Kassen frei zur Wahl.
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