Referenz16.08.2017

FOCUS-MONEY Heft 34/2017 GKV-Finanzen

Die gesetzlichen Kassen haben satte Reserven gebildet. Was nicht heißt, dass überall die Bilanz im Lot ist. Wer vor Finanzkraft aktuell strotzt

Gute Nachrichten für die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung: Sie bleiben 2018 vermutlich von steigenden Beiträgen verschont. „Wir erwarten nicht, dass der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz 2018 erhöht wird“, sagt die Chefin des GKV-Spitzenverbands Doris Pfeiffer. Aktuell liegt er bei 1,1 Prozent, zahlbar vom Bruttolohn. Getragen wird er allein von den Mitgliedern, ergänzend zum allgemeinen Beitrag von 14,6 Prozent, den Arbeitnehmer und -geber je zur Hälfte übernehmen. Der Grund für die erfreuliche Prognose seien die gute konjunkturelle Lage, die niedrige Arbeitslosigkeit und eine Sonderzuweisung von 1,5 Milliarden Euro aus dem Gesundheitsfonds an die Kassen, so Pfeiffer. Zudem verbucht die GKV einen Mitgliederrekord. 2016 kamen rund 800 000 Neukunden hinzu, darunter zahlreiche Arbeitsmigranten aus der EU und ehemalige Privatversicherte. Die wirkten sich positiv auf die durchschnittlichen Ausgaben pro Kopf aus und bremsten die Alterung der Versicherten,erläutert Pfeiffer. Konkret verbuchten die gesetzlich Versicherer im ersten Quartal 2017 Ausgaben von 57,6 Milliarden Euro. Dem standen 58,2 Milliarden Euro an Einnahmen gegenüber. Per saldo blieb ein Überschuss von rund 612 Millionen Euro. Im Vorjahr standen zum gleichen Zeitpunkt noch 406 Millionen Euro Überschuss zu Buche. Die Finanzreserven der Kassen wuchsen damit auf 16,7 Milliarden Euro.

Die gute Gesamtlage bedeutet allerdings nicht für alle Beitragszahler Entwarnung. „Das schließt nicht aus, dass einzelne Kassen ihren Beitragssatz anpassen“, erklärt GKV-Frau Pfeiffer. Denn die finanzielle Lage auf der Ebene der einzelnen Kassen ist uneinheitlich. So differieren die Einnahmen und Ausgaben je Versicherten und die Entwicklung dieser Kennziffern von Kassenart zu Kassenart deutlich. Etwa 30 Prozent der Kassenmitglieder zahlten im vergangenen Jahr einen Zusatzbeitrag oberhalb des Durchschnitts von 1,1 Prozent. Die Spannbreite reichte von null bis zu 1,9 Prozent. Denn nicht überall ist die Zusammensetzung der Kundschaft identisch. Die Versorgungskosten in den Regionen, in denen die Kassen jeweils aktiv sind, fallen unterschiedlich hoch aus. Ebenso differieren die Verwaltungskosten sowie das Angebot an freiwilligen Leistungen, das die Kassen über den verpflichtenden gesetzlichen Katalog hinaus bereitstellen können. Bei der Kassenwahl sollten Kunden – so weit möglich – die finanzielle Stabilität im Visier haben, um abschätzen zu können, wie stark die Kasse in Zukunft gezwungen sein könnte, den Zusatzbeitrag zu erhöhen oder Angebote aus dem Programm zu nehmen, um eben nicht an der Beitragsschraube drehen zu müssen.

Exklusiv für FOCUSMONEY hat das Deutsche Finanz-Service Institut (DFSI) in Köln in die Kassenbilanzen geschaut und die Finanzstärke bewertet. Achtmal konnte es dabei ein „Hervorragend“ vergeben. Beim Test 2016 waren nun zwei Kassen Spitze. Das Gesamtwertung „Sehr Gut“ erhielten elf Kassen, eine weniger als noch im Vorjahr. Im Durchschnitt aller Kassen ging’s in Sachen Finanzkraft nach oben. Stand hier 2016 unterm Strich noch ein „Befriedigend“, reichte es diesmal für ein „Gut“.
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