Referenz09.02.2022

FOCUS-MONEY Heft 07/2022 Der große GKV Test

Die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP will den Aufbruch in eine moderne Gesundheits- und Pflegepolitik forcieren. Welche Auswirkungen diese Pläne auf die Gesetzliche Krankenversicherung haben dürfte. Und welche Kassen – trotz teurer Corona-Pandemie – gesund und robust dastehen

Um den Präventionsgedanken gezielt zu fördern sollen AOK & Co. mehr Optionen eröffnet werden, um ihrer großen Versicherten-Gemeinde für die Teilnahme an Präventionsprogrammen „monetäre Boni“ zu gewähren. Was das Gesundheitsbewusstsein GKV-Versicherter dank mehr pekuniärer Anreize wohl erheblich schärfen dürfte – und somit den Kassen etwa aus Übergewicht und Nikotinsucht entstehende, hohe Folgekosten vermindern helfen könnte.

Und was gibt es Neues im Koalitionsvertrag aus Patientensicht? Kassen sollen ihre Service- und Versorgungsqualität künftig anhand von „einheitlichen Mindestkriterien“ offenlegen. Mehr Power bei der Verbreitung der elektronischen Patientenakte (ePA) schafft folgende Neuregelung: Fortan sollen alle Versicherten automatisch von Geburt an eine ePA erhalten, deren Nutzung aber freiwillig bleibt. Was Fachleute als „opt-out“-Prinzip bezeichnen. Bislang müssen Kassen-Kunden aktiv eine ePA einfordern („opt-in“), was vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen vor langem moniert wurde.

Telemedizinische Leistungen sollen nach den Wünschen der Ampel-Koalition noch mehr Raum in der Regelversorgung einnehmen, was auch die Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln via Telekontakt inkludiert. Nicht zu vergessen. Kosten geschlechtsangleichender Behandlungen müssen laut Koalitionspapier vollständig von der GKV übernommen werden.

Pro familia. Was gesetzlich krankenversicherte Mütter und Väter heuer freuen dürfte: Die Ampel-Koalition hat aufgrund der fortwährenden Corona-Pandemie für 2022 das Kinderkrankengeld pro Kind unter zwölf Jahren und Elternteil jährlich bei maximal 30 Arbeitstagen und für Alleinerziehende bei bis zu 60 Tagen belassen. Wichtig in diesem Kontext: Eltern können für den Zeitraum bis inklusive 19. März 2022 Kinderkrankengeld auch dann in Anspruch nehmen, wenn Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, Schulen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten auf Grund des Infektionsschutzgesetzes vorübergehend geschlossen werden sollten.

Fazit: Die Ampel-Regierung verbessert die Position von Krankenkassen und deren Versicherten – zumindest auf dem Papier – nachhaltig. Bleibt abzuwarten, was SPD, Grüne und FDP aber von noch offenen Vorhaben wirklich in die Praxis umsetzen werden. Was sich dem direkten Einfluss der BürgerInnen hierzulande in unserer parlamentarischen Demokratie entzieht. Was die GKV-Klientel allerdings garantiert selbst im Griff hat, ist die freie Wahl ihrer Kasse. Bei welchen Krankenkassen selbst in Corona-Zeiten die medizinische Versorgung top ist, wo guter Service gelebt wir und bei welchen Kassen die Finanzen samt Beitrag stimmen – das zeigt die bereits 16. Auflage des großen Kassentests von FOCUS-MONEY.
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